Usertests mit Kindern
Januar 17, 2023/
  • By Timo
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Noch immer werden viele Produkte und Inhalte für Kinder von Erwachsenen produziert, ohne dass Kinder in den Entstehungsprozess mit eingebunden werden. Oft muss ich mich für unseren Ansatz rechtfertigen, von der Idee über die Entwicklung bis über den Launch hinaus, Kinder zu involvieren. “Das dauert zu lange. Wir Erwachsenen wissen aber doch, wie man es RICHTIG macht. Ich arbeite schon seit x Jahren in der Branche. Im Herzen bin ich selbst noch Kind.” Und so weiter und sofort.

Am Wochenende habe ich mit meinen Kindern den neuen Netflix Film “Finding ‘Ohana” angeschaut. Eine schöne, goonie-esque Abenteuergeschichte mit coolen Heldinnen, einem diversen Cast, guter Kulisse und Musik. Und trotzdem ein perfektes Beispiel dafür, wie an vielen Stellen an der Zielgruppe vorbei geschrieben wurde.

Meta-Ebenen in Kindergeschichten für Erwachsene sind spätestens seit Pixar ein beliebtes Stilmittel. Popkultur Referenzen im Bild, der Musik oder einzelnen Figuren, holen die Eltern ab und zaubern ein Schmunzeln in ihr Gesicht.

Problematisch wird es, wenn die Referenzen Teil des Dialogs werden und so von der Metaebene in die Haupteben schwappen. Wenn sich die 12-jährigen Heldinnen und Helden des Films über das Ende der Serie LOST austauschen, Marie Kondo Witze machen, immer wieder Bezug auf Keanu Reeves oder Indiana Jones nehmen oder auch noch John Wick auspacken, geht das meilenweit über die Köpfe der jungen Zuschauer*innen hinweg und führt zu großen Fragezeichen und Frustration. Denn nichts ist schlimmer, als eine Hochzeitsrede vollgestopft mit Insider-Witzen.

Natürlich ist es schön, über eine Geschichte den Austausch in der Familie anzuregen – am Beispiel von “Finding ‘Ohana” etwa über die hawaiianische Kultur. Und da kamen in unserem Fall wirklich viele Fragen.

“Papa, wer ist eigentlich John Wick?!”

“Hm, na äh, also mein Kleiner pass auf: John Wick ist ein Film mit einer relativ bescheidene Story, jedoch optisch so innovativ und so furios inszeniert, dass Actionfans diese infernalische Gewaltorgie auf keinen Fall verpassen sollten.“

Not so much! Ganz davon abgesehen, dass es auf die jungen Zuschauer*innen so wirkt (Der Film hat eine Altersfreigabe ab 0), als sei es Konsens in ihrem Alter FSK18 Inhalte zu konsumieren. Immerhin macht das der coole Typ hier im Film ja auch. 

Wie gesagt, es ist alles in allem ein schöner, mit viel Liebe gemachter Film. Aber auch ein perfektes Beispiel dafür, wieviel besser und kindgerechter eine Geschichte sein könnte, wäre sie schon in der Drehbuchphase mit Kindern getestet worden.

Long story short: Rechtzeitiges Testen spart uns Zeit, hilft uns unsere Zielgruppe besser zu verstehen und am Ende ein besseres Produkt abzuliefern.

Wir benutzen gerne ein Kamishibai – ein Japanisches Erzähltheater – um unsere Geschichten mit Kindern zu testen. Der Austausch, der dabei mit den Kindern entsteht, ist unglaublich inspirierend und bereichert uns in unserem Job immer wieder aufs Neue. 

Und für die Sparfüchse: Mit minimalen Handwerks-Skills, einer Stichsäge und Akkuschrauber ist so ein Kamishibai ratzfatz selbst gebaut.

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